Der Tanz ums Allzeithoch
Es dürfte viele Akteure geben, die sich das ganz einfach nicht vorstellen konnten: Der DAX tanzt um ein neues Allzeithoch und steht auch noch kurz vor der 13.000er Marke, während ich dies hier schreibe. Aber es dürften wohl kaum Freudentänze sein. Auch ich habe es sehr selten erlebt, dass ein Markt nach zwei Wochen kleiner, wenig überzeugender Tippelschritte nach oben, die mitunter auch noch von winzigen Korrekturen unterbrochen wurden, nicht schlagartig nach unten wegbricht und auf diesem Wege zumindest die zuletzt entstandenen Kursgewinne oft innerhalb eines einzigen Tages wieder zunichtegemacht werden. Aber offenbar haben zu viele Akteure mit solch einer Abwärtskorrektur gerechnet.
Statt wie erwartet 2 bis 3 Prozent wegzubrechen, legte der DAX eine veritable Shortsqueeze hin und marschierte innerhalb der vergangenen vier Handelstage 400 Zähler nach oben. Wer langfristig orientiert ist und nicht viel herumhandelt und zwischendurch auch keine Gewinne mitnimmt, dem mag diese Entwicklung sehr gelegen kommen. Anderen Anlegern, die ihre Aktien aktiv zu managen versuchen, hat die jüngste Befestigung des Börsenbarometers vielfach wenig Vergnügen bereitet. Natürlich könnte man argumentieren, dass US-Aktien, an denen wir uns ja gerne orientieren, ohnehin einen Aufwärtstrend verzeichnen. Aber warum eigentlich?
Gegen die fundamentale Logik
Dabei sind die Notenbanken dieser Welt doch offensichtlich dabei, in Bälde ihre geldpolitischen Programme zurückzufahren. Und in den USA liegt die Wahrscheinlichkeit einer Leitzinserhöhung im Dezember jenseits der 80 Prozent-Marke (vergleiche CME FedWatch Tool). Aber auch fiskalpolitisch müsste den Aktienmärkten eher Gegenwind ins Gesicht blasen. Denn Donald Trumps vollmundig angekündigte Steuerreform ist wohl kaum ohne massive Neuverschuldung zu finanzieren, vorausgesetzt, dass sie überhaupt vom Kongress abgesegnet wird. Und selbst wenn die Reform kommen sollte, ist man geteilter Meinung darüber, ob die neuen Maßnahmen tatsächlich die Konjunktur ankurbeln werden.
Aber auch geopolitische Einflüsse werden derzeit von den Finanzmärkten kaum registriert. An die schwelende Nordkorea-Krise hat man sich gewöhnt. Aber da gibt es ein Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien, von dem man eigentlich nicht weiß, welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Allein: Es scheint niemanden zu interessieren.
Sehr wahrscheinlich haben viele Akteure deutsche Aktien gekauft, weil sie kaufen mussten.
Wer sich indes an der Entwicklung des Börse Frankfurt Sentiment-Index während der vergangenen Wochen orientiert hat, ist möglicherweise besser gefahren. Ob es tatsächlich zu einer Kaufpanik beim DAX gekommen ist und was die Vorstellungskraft der Anleger hinsichtlich der weiteren DAX-Entwicklung angeht, habe ich in der jüngsten Stimmungsumfrage analysiert, die ich wie immer für die Börse Frankfurt schriftlich (HIER) und in Form eines Videokommentars (DORT) erläutert habe.