Märkte

Der Fluch des festen Dollar

am
6. Mai 2015

Die gestrigen Handelsbilanzzahlen aus den USA haben deutlich gemacht, in welchem Dilemma sich die US-Notenbank derzeit befindet. Denn das höchste Außenhandelsdefizit seit Oktober 2008 (und der stärkste Anstieg des Defizits seit Dezember 1996) dürfte beim US-Wachstum für das erste Quartal 2015 für eine Abwärtsrevision sorgen, die statt eines mageren BIP von 0,2 Prozent sogar zu einer Schrumpfung der dortigen Konjunktur führen könnte. Dass der bereits im Vorjahr stark gestiegene Außenwert des US-Dollar sich erwartungsgemäß und mit Verzögerung negativ auf die Handelsbilanz auswirken würde, habe ich schon verschiedentlich angemerkt. Besonders bemerkbar macht sich das bei den Exporten, die gerade einmal um 0,9 Prozent im März angestiegen sind. Dass die Importe dagegen um 7,7 Prozent in die Höhe schossen, wurde mancherorts sogar als Stärke für die heimische Nachfrage interpretiert, aber neben dem Ende des Hafenarbeiterstreiks an der Westküste dürfte vor allem der starke Dollar zu dieser deutlichen Erhöhung der Importe – es soll sich um den höchsten Sprung seit Dezember 1996 gehandelt haben – beigetragen haben.

Trotz der jüngsten Abwärtskorrektur des Greenback erwarte ich, dass sich die ungünstige Entwicklung der Handelsbilanz noch einige Monate fortsetzen wird. Auch ist nicht ausgemacht, ob der Wachstumseinbruch des ersten Quartals in den USA nur eine vorübergehende Delle wie im Vorjahr darstellt. Die US-Notenbank dürfte damit weder im Juni noch im September dieses Jahres tatsächlich mit Zinserhöhungen beginnen, zumal sie den besten Zeitpunkt für einen derartigen Schritt bereits verpasst hat. Ich bezweifle sogar, dass im Dezember dieses Jahres das Ende der Phase ultra-niedriger Zinsen eingeleitet wird.

Was geschieht, wenn dann auch noch gleichzeitig in Europa laut über einen vorgezogenen Exit der Europäischen Zentralbank aus ihrem quantitativen Lockerungsprogramm nachgedacht wird, weil sich die hiesige Datenlage analog zum bis vor kurzem noch schwachen Euro besser als gedacht präsentiert? Da braucht man sich nicht zu wundern, wenn immer weniger ausländisches Kapital in die europäischen Aktien fließt. Möglicherweise ist der jüngste Kursrückgang des DAX sogar auf Kapitalabflüsse zurückzuführen.

Was die heimischen Investoren angeht, hat sich die Stimmung deutlich verändert. Den Kommentar, den ich für die Börse Frankfurt dazu geschrieben habe, finden Sie HIER.

 

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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