Dollar am Morgen Märkte

Das Schweigen der Händler

am
6. November 2019

EUR USD (1,1070)             Gefährlich werden Marktentwicklungen dann, wenn sie fundamental kaum zu rechtfertigen sind – denn das Schweigen der Akteure bedeutet meistens, dass sie etwas verdrängen oder nicht wahrhaben wollen, weil es ihnen nicht in den Kram passt. Nun ist ein Euro-Abschwung von rund 60 Stellen wie gestern – absolut betrachtet – keine herausragende Entwicklung. Aber in der Relation zu den Kursbewegungen der vergangenen Tage handelt es sich eben doch um einen recht deutlichen Einbruch; es war immerhin der größte Tagesverlust seit dem 25. September.

Dass gestern an den Währungsmärkten die Hoffnung auf Fortschritte im US-chinesischen Handelskonflikt bezüglich der „Phase 1“ eines Teilvertrags vorherrschte, zeigt sich etwa an der Entwicklung der typischen Fluchtwährungen Schweizerfranken und Yen. Diese haben sich gegenüber dem Dollar während der vergangenen beiden Handelstage abgeschwächt. Allerdings gilt dies interessanterweise auch für den Euro. Dabei ist es nicht allzu lange her, dass etwaige Risikofreude der Marktteilnehmer den Euro begünstigte, während er andererseits unter Risikoaversion litt.

Dies scheint sich zumindest gestern geändert zu haben. So vertrat ein Kommentator die Meinung, dass die Gemeinschaftswährung diejenige sei, die von einem Waffenstillstand im Handelskonflikt zwischen den USA und China am wenigsten profitieren würde. Ein Statement, das ich insofern nicht nachvollziehen kann, als ja auch seit Sonntag die angedrohten Auto-Zölle für die EU auf dem Prüfstand stehen.

 

China will offenbar mehr

Oder ist Optimismus hinsichtlich der US-chinesischen Verhandlungen womöglich gar nicht angebracht? Diesen Eindruck konnte man zumindest gestern gewinnen, wenn man chinesischen Medienberichten folgte. Nicht nur, dass die Beseitigung von US-Strafzöllen eine „notwendige Bedingung“ für ein Handelsabkommen sei. Vielmehr konnte man lesen, China würde für den Abschluss des Teilabkommens „Phase 1“ weitaus mehr verlangen, als nur die von der Trump-Administration ins Auge gefasste Beseitigung der Strafzölle, die eigentlich am 15. Dezember in Kraft treten sollen.

Unterdessen ist der Euro gestern bis zum unteren Ende seiner neutralen Zone zwischen 1,1065/70 und 1,1180 zurückgefallen. Ein Versagen an dieser Stelle würde zwar noch keinen kurzfristigen Abwärtstrend auslösen, aber die latent schwache Verfassung der Gemeinschaftswährung bestätigen und Spielraum bis 1,0990 eröffnen.

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 10 Stellen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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