Märkte Wirtschaft

Bitte ein Stresstest! – Aber es darf nicht wehtun

am
9. Juli 2010

Die Ergebnisse der Stresstests für die größten Banken der Europäischen Union sind noch nicht einmal verkündet, da werden  sie schon von den Investoren kritisiert. Manchen gehen die Tests nicht weit genug, andere wiederum bemängeln fehlende Transparenz bei den Bewertungskriterien des Ausschusses der europäischen Bankenaufseher (CEBS). Am meisten interessiert die Investoren natürlich, welche Abschläge auf Staatsanleihen bedrohter Länder der Eurozone vorgenommen werden müssen. Denn, wenn es Ursachen für zukünftige Belastungen gibt, dann sind sie dort zu finden.

Bereits im Jahr 2009 gab es für die Banken in den USA ebenfalls Stresstests, durchgeführt von der Notenbank. Dabei ging man weithin davon aus, dass die wichtigsten Auslöser für Probleme der Kreditinstitute beim Bruttoinlandsprodukt, dem Arbeitsmarkt oder den heimischen Häuserpreisen zu finden sein dürften. Während sich Arbeitsmarkt und Hauspreise in der Folge verheerend präsentierten, hat sich das Wachstum immerhin so positiv entwickelt, dass wohl Schlimmeres verhindert werden konnte. Niemand hatte jedoch seinerzeit auf der Rechnung, dass US-Banken jemals durch eine Schuldenkrise in Europa in Bedrängnis geraten könnten – das ist gerade einmal ein gutes Jahr her.

Eigentlich befürchten wir aber, dass viele Investoren kein Interesse an richtig strengen Stresstests haben: Ob ein Test gut ist, hängt vielmehr von seinem Ergebnis ab. Natürlich müssen aus Gründen der Glaubwürdigkeit ein paar Banken durchs Raster fallen. Aber bitte möglichst kleine, unwichtige Adressen, irgendwo versteckt in einem Randstaat der Eurozone. Ein Ergebnis, bei dem indes viele oder gar große Banken, womöglich auch noch wichtige  Kreditgeber in einem der Kernstaaten, den Test nicht bestehen, muss dagegen möglichst vermieden werden. Kurzum, es kann ruhig ein bisschen unangenehm sein, aber wehtun darf es nicht.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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