Märkte

Vorgeschobene Angst

am
14. September 2016

senti_14092016Jetzt ist der DAX aus seiner mehr als vier Wochen währenden, relativ engen Handelsrange nach unten ausgebrochen und hat damit vor allem bei Analysten und Kommentatoren für einige Unruhe gesorgt. Schuld an diesem Kurseinbruch soll aber nicht nur die gestiegene Erwartung unter den Marktteilnehmern sein, die US-Notenbank könne möglicherweise doch noch in der kommenden Woche den Leitzins um 25 Basispunkte erhöhen. Vielmehr wirkt auch die jüngste Entwicklung am US-Aktienmarkt etwas bedrohlich, denn dort war es zu Wochenbeginn dem breiten S&P 500 Index mit dem größten Tagesverlust seit dem Brexit-Votum vom 24. Juli ebenfalls an den Kragen gegangen.

 

Klassische Warnzeichen

Unbehagen dürfte auch die jüngste BofA Merrill Lynch Umfrage unter Fondsmanagern auslösen, die ergab, dass die Kassehaltung der Manager gegenüber dem Vormonat sogar wieder leicht gestiegen ist und nun erneut bei 5,5 Prozent liegt.  Nach dem Grund befragt, warum sie den Kassenanteil erhöht haben, antworteten mehr als die Hälfte (52 Prozent) der Vermögensverwalter, sie hätten derzeit eine bearishe Sicht auf den Markt. Wenn außerdem 54 Prozent der globalen Investoren davon ausgehen, dass Aktien und Anleihen überbewertet sind, klingt das für mich fast schon so, als ob viele Akteure schlicht und einfach nur entsprechend ihrer Positionierung „ihr Buch redeten“.

Technisch betrachtet mag die Tatsache, dass der S&P 500 am 23. August an seinem acht Tage zuvor markierten Allzeithoch hängen blieb, ohnehin der Klassiker eines Verkaufssignals, den Ausschlag gegeben haben. Allerdings konnte man dieses Signal erst Tage später, nach einem entsprechenden Rücksetzer, verifizieren. Interessant ist auch die Einstellung der Fondsmanager gegenüber europäischen Aktien. Während der Umfrage zufolge eine kleine Mehrheit von per Saldo knapp 5 Prozent der Fondsmanager davon ausgeht, dass die anderen in europäischen Aktien short seien, hat sich die Übergewichtung in Aktien der Eurozone zuletzt tatsächlich von einem auf 5 Prozent per Saldo erhöht.

 

Wer geht, kommt bald wieder zurück

Unter dem Strich könnte man nach klassischer Lesart und historischer Erfahrung von den typischen Kennzeichen eines beginnenden Bärenmarktes sprechen. Allerdings darf man nicht vergessen, dass sich die Märkte seit einigen Jahren aufgrund der

geldpolitischen Maßnahmen der Notenbanken grundsätzlich in einer Art von manipuliertem Zustand befinden. Mit anderen Worten: Wer im Aktienmarkt mit bearishen Engagements profitabel sein möchte, muss über ein ausgezeichnetes Timing verfügen. Denn selbst wenn Anleger Aktien-und Anleihemärkte meiden sollten, wären sie aufgrund fehlender Alternativen dazu gezwungen, schon über kurz oder lang wieder zurückzukommen. Die Befindlichkeit der heimischen Anleger habe ich unterdessen auf Basis der neuesten Sentiment-Zahlen der Börse Frankfurt HIER analysiert.

SCHLAGWÖRTER
ÄHNLICHE BEITRÄGE

HINTERLASSEN SIE EINEN KOMMENTAR

Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

Archiv