Dollar am Morgen Märkte

Enttäuscht wegen der vielen neuen Jobs

am
8. Juli 2019

EUR USD (1,1225)             Betrachtet man die Reaktionen der Märkte auf den US-Arbeitsmarktbericht vom vergangenen Freitag, könnte man fast meinen, die Akteure hätten ein schlechtes Resultat bevorzugt. Denn wären weniger Stellen als erwartet neu geschaffen worden, hätte man mit größerer Sicherheit auf eine Zinssenkung von möglicherweise 50 Basispunkten bei der kommenden Sitzung der US-Notenbank Ende Juli setzen können. Deshalb reagierten etwa die Aktienmärkte zunächst keineswegs erfreut auf die Zahl von 224.000 neuen Jobs im Nicht-Agrarbereich, die deutlich besser als die von den Ökonomen vorhergesagte war. Diese waren im Mittel von lediglich 160.000 neuen Arbeitsplätzen ausgegangen. Ein Arbeitsmarktbericht, der so positiv ausfiel, dass selbst US-Präsident Donald Trump überrascht war, wie er in einem Tweet zugab, um aber gleichzeitig die Notenbank wieder einmal heftig zu kritisieren. Wie man mit unliebsamen Notenbankpräsidenten umgeht, hat übrigens der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan vorgemacht, als er am frühen Samstagmorgen den Präsidenten der Türkischen Zentralbank, Murat Cetinkaya, ein Jahr vor dessen regulär endender Amtszeit seines Amtes enthob.

 

Kudlows neuer Referenzpunkt

Aber immerhin hat selbst der ökonomische Chefberater Donald Trumps, Larry Kudlow, sich eines Besseren besonnen und am Freitag empfohlen, die US-Notenbank solle doch – sozusagen als Präventivschritt („Versicherung“) trotz der starken Wirtschaft, aber wegen der zu niedrigen Inflation – [lediglich] die letzte Zinserhöhung von 25 Basispunkten (vom 19. Dezember 2018) wieder zurücknehmen.

Aber war es denn tatsächlich überhaupt realistisch, im Falle eines enttäuschenden Arbeitsmarktberichts eine Zinssenkung von 50 Basispunkten zum Monatsende zu erwarten? Wo doch die Fed ohnehin immer wieder betonte, dass sie nicht wegen eines einzelnen Datums ihre geldpolitischen Pläne ändern würde. Und selbst die „geldpolitische Obertaube“ im Offenmarktausschuss, James Bullard, einen derart massiven Zinsschritt bereits zuvor rundweg ausgeschlossen hatte.

 

Überzogene Erwartungshaltung korrigiert

Indes: Ein schlechter Juni-Arbeitsmarktbericht hätte in den Augen vieler Akteure im Zusammenhang mit dem enttäuschenden Mai-Bericht schon fast einen negativen Trend bedeutet. Nun ist die Delle vom Mai jedoch ausgebügelt, und mancherorts geht man sogar schon davon aus, dass die US-Notenbank bei ihrer kommenden Sitzung überhaupt nichts machen wird. Ein Blick auf das CME FedWatch-Tool bestätigt zwar, dass die implizite Wahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung von 50 Basispunkten per 31. Juli auf 5 Prozent gefallen ist, nachdem sie eine Woche zuvor noch bei mehr als 30 Prozent gelegen hatte. Aber die Wahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung von 25 Basispunkten Ende des Monats beträgt immer noch 100 Prozent. Und so ist auch die Wahrscheinlichkeit für drei Zinssenkungen à 25 Basispunkten bis zum Jahresende durch den guten Arbeitsmarktbericht innerhalb einer Woche Stand Freitagabend von knapp 60 auf zuletzt 44 Prozent gefallen. Gleichzeitig sind die wohl überzogenen Zinssenkungserwartungen wohl auf ein realistischeres Maß zurechtgestutzt worden.

Im Währungsbereich konnte der US-Dollar zulegen und hat diese Gewinne am Freitag zum Handelsschluss auch nicht – wie so oft nach der Publizierung von Arbeitsmarktberichten – wieder vollumfänglich abgegeben. Im gleichen Zuge hat der Euro die wichtige Marke von 1,1265 unterlaufen und befindet sich nun in einer schwächeren Position mit einem Abwärtsrisiko bis 1,1180 bzw. 1,1110. Eine Stabilisierung ist auf der anderen Seite frühestens nach Überschreiten von 1,1330/35 möglich.

 

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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