Dollar am Morgen Märkte

Eine Bedrohung, die es gar nicht gab?

am
11. Juni 2019

EUR USD (1,1310)             Es ist nicht einmal zwei Wochen her, da drohte US-Präsident Donald Trump, Mexiko mit Strafzöllen zu belegen, sofern das Land nicht den Strom von Flüchtlingen in Richtung USA stoppen würde. Aber genauso plötzlich, wie sie aufgekommen war, war die Trumpsche Drohung zum Ende der vergangenen Woche wieder verschwunden. Per Twitter, wie so häufig, wurde die Öffentlichkeit darüber informiert, dass Trump offenbar einen Deal mit Mexiko erreicht hatte – Details werden noch folgen –, demzufolge Mexiko nicht nur den illegalen Flüchtlingsstrom reduzieren oder gar völlig eindämmen, sondern angeblich auch noch große Mengen an US-Agrarprodukten ankaufen wird.

Das klingt tatsächlich auf den ersten Blick wie eine Erfolg für den US-Präsidenten. Allerdings war Trumps aggressiver Schritt selbst in Teilen der US-Regierung von Sorge und Skepsis begleitet. Sowohl der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer als auch Finanzminister Steven Mnuchin schienen nicht glücklich über Trumps Vorpreschen. Und sogar einige republikanische Abgeordnete bezeichneten die angedrohten Strafzölle als falschen Schritt, um dem Strom illegaler Einwanderer in die USA Herr zu werden. Aber auch Ökonomen äußerten ihre Sorge darüber, dass die geplanten Strafzölle gerade bei der Fertigung von Kraftfahrzeugen, die im Laufe ihrer Produktion die US-mexikanische Grenze mehrere Male überqueren, auch den US-Kraftfahrzeug-Produzenten schaden würden. Kurzum: Was sich wie eine Erfolgsstory liest, könnte durchaus auch als ein, wenn auch nur temporärer, Rückzieher Donald Trumps interpretiert werden.

 

Drohung nicht ernst genommen

Dass die Finanzmärkte Trumps Strafzoll-Drohung nicht ernst genommen haben, zeigt sich etwa an der Entwicklung des US-Aktienmarktes. So konnte etwa der breitgestreute S&P 500 Index vom Tiefpunkt zu Beginn der vergangenen Woche aus gerechnet mit einem Plus von mehr als 5 Prozent abschließen. Als ob es den US-mexikanischen Konflikt nie gegeben hätte.

Kritiker werden natürlich sofort einwenden, dass der Aktienmarkt in den USA doch vor allen Dingen wegen der Hoffnung vieler Akteure auf Zinssenkungen durch die US-Notenbank so stark angezogen hätte. Dabei haben sich die impliziten Wahrscheinlichkeiten für mindestens eine oder zwei Zinssenkungen in diesem Jahr per Saldo (vgl. CME FedWatch Tool) seit Beginn der vergangenen Woche nicht mehr wesentlich verändert. Aber durchaus die Stimmung der Marktteilnehmer und Analysten. Nicht zuletzt wegen des enttäuschend ausgefallenen US-Arbeitsmarktberichts am vergangenen Freitag. Denn die Zahl der neu geschaffenen Stellen im Nicht-Agrarbereich (Nonfarm Payrolls), aber auch die Entwicklung bei den Stundenlöhnen blieb hinter den Erwartungen der Ökonomen zurück.

 

Übertriebene Erwartungen an die Fed

Wie dem auch sei, gibt es mittlerweile sogar Strategen, die es für möglich halten, dass die US-Notenbank in einem ersten Schritt die Zinsen nicht nur um 25, sondern gar um 50 Basispunkte senken könnte. Befinden wir uns denn bereits in einer Finanzkrise? Glücklicherweise gibt es auch Analysten, die – vermutlich wie viele Mitglieder des Offenmarktausschusses selbst – nicht davon ausgehen, dass die Fed sogleich auf eine einzige schwache Nonfarm-Payrolls-Zahl reagiert. Mit Recht weisen Kommentatoren darauf hin, dass die Notenbank den sogenannten Powell Put nicht zu schnell ziehen solle.

Damit werden zweierlei Einflussfaktoren für den Dollar deutlich. Zum einen haben wir mit dem wohl vorläufig beendeten US-mexikanischen Strafzoll-Intermezzo nach derzeitiger Lesart ein Kaufargument für den Greenback vorliegen. Dieses könnte sich auch ergeben, wenn die Finanzmarktakteure zu dem Schluss kommen sollten, dass die Zinssenkungsfantasien wohl doch etwas übertrieben gewesen sein könnten. Zumindest hat nun die Schweigeperiode der Mitglieder des Offenmarktausschusses bis zur am 19. Juni endenden Fed-Sitzung begonnen, so dass aus dieser Ecke derzeit keine geldpolitischen Hinweise zu erwarten sind. Was den Euro dagegen angeht, hat dieser immerhin am vergangenen Freitag die Obergrenze seiner Konsolidierung bei 1,1320/25 durchbrochen, ohne allerdings einen neuen Trend auszulösen. Dennoch ist die Situation der Gemeinschaftswährung gegenüber dem Dollar als positiv einzustufen. Dies gilt zumindest, solange an der Unterseite 1,1210/15 nicht unterlaufen wird.

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 10 Stellen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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