Märkte

Kleine und große Commitments

am
13. Januar 2016

Mir ist fast schon so etwas wie ein kleiner Stein vom Herzen gefallen, als ich heute erfuhr, dass der Optimismus der Anleger im Aktienmarkt gegenüber der Vorwoche zurückgegangen ist. Nicht nur, weil diese bullishe Stimmung mancher Akteure in krassem Gegensatz zu dem stand, was man an bedrohlichen Entwicklungen hinsichtlich des chinesischen Aktienmarktes in Kombination mit einem weiter fallenden Ölpreis vernehmen konnte. Vielmehr zeigte sich gerade bei den von der Börse Frankfurt befragten institutionellen Akteuren ein für viele Marktbeobachter unverständlicher Rekordoptimismus. Während allerhand Horrorszenarien die Runde machten und auch die Aktien-Prognosen selbst von Bankenseite deutlich vorsichtiger wurden, schienen die Börsenprofis aus unserem Panel geradezu immun gegen die umgehende Angst zu sein.

Und während andere Umfragen bereits zu Jahresbeginn hinsichtlich der globalen Entwicklung einen deutlichen Rückzug vieler Marktteilnehmer aus dem Aktienmarkt feststellten, schien sich die Welt der von uns befragten Händler für Außenstehende völlig anders darzustellen. Der Grund dafür mag darin liegen, dass bei unserer Stimmungserhebung Marktteilnehmer mit einem echten Commitment befragt werden – ein Umstand, der andernorts nicht zwingend gegeben ist. Und es ist genau dieses Commitment, das bei den Befragten für eine wesentlich stärkere psychische Bindung an einen Referenzkurs sorgt als bei einem Marktteilnehmer oder Analysten, der zwar eine Meinung, aber kein echtes Engagement haben mag.

Während sich also ein aktiver Händler – möglicherweise mit einem Referenzkurs seines DAX-Engagements, der sich am Jahresschlusskurs 2015 orientiert – mental im Verlustbereich befinden mag und nicht gewillt ist, diesen Zustand festzuschreiben (Verlustaversion), kann jemand ohne materielles Engagement und bestenfalls mit dem Commitment eines Gesichtsverlusts ausgestattet, recht schnell seine Meinung ändern.

Ob sich die Lage für den DAX nun durch die heutigen Umfrageergebnisse tatsächlich entspannt hat, können Sie in meinem Kommentar, den ich wie immer für die Börse Frankfurt erstellt habe, heute HIER nachlesen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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