Märkte

Deutschsprachiges Schreckens-TV

am
21. Mai 2014

Es ist ziemlich ungewöhnlich, dass ein US-Blog wie zerohedge.com zum Thema Goldpreis-Manipulation einen TV-Beitrag des deutschsprachigen Senders 3sat einstellt. Schade nur, dass dieser Streifen dann für die englischsprachigen Leser nicht übersetzt worden ist. Ich jedenfalls habe mir diesen Bericht, der bereits am 9. Mai im Fernsehen lief, angesehen und war erstaunt, wie unbefangen dort Wahrheiten, Halbwissen und Unbewiesenes miteinander vermengt wurden. Da ist einerseits von Fixing-Manipulationen beim Goldpreis die Rede, bei denen ich mir sehr gut vorstellen kann, dass sie tatsächlich vorgenommen wurden. Andererseits wird darüber spekuliert, ob die US-Notenbank den Goldpreis künstlich nach unten drückt oder auch vom Oligopol einiger weniger großer Bankenspieler, die angeblich ebenfalls die Kursentwicklung auf unlautere Weise beeinflussen. Wahn oder Wahrheit, saubere Recherche oder Verschwörungstheorie?

Wenn ich dann aber Äußerungen höre wie etwa: „Der Terminmarkt soll für berechenbare und stabile Preise in der Zukunft sorgen“ höre, ist das eigentlich zum Totlachen, wenn es nicht so traurig wäre. Dann wieder ist von großen Orders die Rede – natürlich nur in Form von Verkäufen und natürlich ausschließlich zum Zwecke der Manipulation.

 

Geheimnisvolle Machenschaften

Solche Geschichten hat es in anderen Märkten schon vor Jahrzehnten gegeben. Über verdeckte und heimliche Interventionen, über Milliarden-Dollar-Orders im Devisenmarkt, über mächtige jüdische Spekulanten habe ich auch schon früher, als Händler, jede Woche neue Gerüchte gehört. Und zwar stets und vor allen Dingen von denen, die gerade wieder einmal mit ihren Positionen Geld verloren hatten. Klar, dass man einen Sündenbock brauchte (vgl. externer locus of control, über den ich unlängst hier geschrieben habe). Adressen, die, so sagte man mir damals hinter vorgehaltener Hand, nur eines im Sinn hätten: Die anderen Akteure zu zerstören, koste es, was es wolle. Große Marktteilnehmer, die angeblich bereit wären, kostspielige Risiken einzugehen und viel Geld dafür auszugeben, dass Andere ärmer würden.

Im 3sat-Beitrag ist also von einem abgekarteten Spiel die Rede, was allerdings, so die Stimme aus dem Off, nur schwer zu beweisen sei. Gold sei Spekulationsobjekt mit Symbolkraft, erfuhr ich. Und dann ging es konspirativ weiter mit einem Studiogast, der sich unter anderem auf den umstrittenen Paul Craig Roberts berief, der wiederum behauptet haben soll, die US-Notenbank lasse den Goldpreis nicht über 1.400 $ pro Unze steigen. Nicht ohne am Ende des Interviews dem Goldanleger den Kauf von Zertifikaten, also von „Papiergold“, zu empfehlen. Inklusive der Prognose einer von China in Gang gesetzten Gold-Hausse, die dieses Jahr allerdings noch nicht die 1.400 $ Marke überschreiten werde. Lässt die Fed da etwa im nächsten Jahr locker?

Ich bleibe dabei: Wer physisches Gold als langfristige Absicherung gegen Krisen ansieht, den werden auch temporär manipulierte Fixings und andere Markteingriffe großer Spieler nicht von dieser Überzeugung abbringen. Problematisch wird es allein für diejenigen, die versuchen, mit kurzfristigen Engagements schnell Geld zu verdienen.

Wer jedoch sich den 3sat-Beitrag hier ansieht, dürfte als unbefangener Zuschauer dennoch ganz schnell zum Schluss kommen, der Goldmarkt könnte Spielball allmächtiger Kräfte sein. Was ist die Konsequenz, die der Privatanleger aus diesem Beitrag zieht? Finger weg vom Gold, auch wenn es noch so prächtig glänzt. Auch langfristig.

Am Ende bin ich froh, dass es noch den Aktienmarkt gibt, für den ich zumindest die heutige Stimmungserhebung der Börse Frankfurt anhand harter Zahlen hier kommentieren durfte.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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