Märkte

Bitte ganz hart!

am
30. April 2014

Wenn man sieht, dass Apple in den USA erneut mit einer großen Anleiheemission aufwartet und dafür aufgrund des großen Interesses der Investoren ein Volumen von 12 Milliarden US-Dollar bekommen wird, dann kann das Zurückfahren der Anleihekaufprogramme der US-Notenbank zumindest aus meiner Sicht gar nicht schnell genug gehen. Denn das Geld soll für Aktienrückkäufe und Dividenden verwendet werden. Genauso halte ich den europaweiten Bankenstresstest 2014 – vor noch einigen Jahren wären dessen Ergebnisse durchaus marktbewegend gewesen – für fragwürdig. Dabei rege ich mich genauso wie ein Kommentator heute in der Börsenzeitung darüber auf, dass die European Banking Authority (EBA) nur einen relativ überschaubaren Konjunktureinbruch simuliert und die Folgen einer anhaltenden Deflation in Europa gar nicht erst in Betracht gezogen werden. Vielleicht, weil es sowieso keine Deflation geben wird, wenn ich einigen Mitgliedern des EZB-Rates Glauben schenken soll. Zumindest soll nicht der Eindruck entstehen, es handele sich diesbezüglich um ein realistisches Szenario. Außerdem haben wir für alle Fälle noch die schwarzen Schwäne, auf die wir im Zweifel völlig Unerwartetes schieben können.

Bedenklicher finde ich es indes, wenn der gleiche Kommentator die Frage stellt, was denn gewonnen wäre, wenn die Stressszenarien weite Teile der Kreditwirtschaft unversehens wieder als deutlich unterkapitalisiert dastehen lassen würden. Verbunden mit einer weiteren Frage, ob das nicht erst recht Verunsicherung schüren würde. Abgesehen davon, dass solche Tests ohnehin aufgrund ihrer sehr starken Orientierung an (extremen) ökonomischen Werten der Vergangenheit wahrscheinlich nur eine begrenzte Aussagekraft haben dürften, zeigt eine solche Einstellung, wie sinnlos diese Simulationen sind. Simulieren ja. Und ganz hart bitte! Aber nur so, dass es nicht weh tut, das Vertrauen der Anleger in Europas Banken also nicht beschädigt wird. Es reicht, wenn die Eingeweihten schlecht schlafen.

Ruhig zu schlafen scheinen indes die Daxianer, die an ihren Engagements hierzulande zuletzt nicht allzu viel verändert haben dürften. Dies vermittelt die jüngste Sentiment-Umfrage der Börse Frankfurt, die ich hier kommentiert habe.

 

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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